T. Richter & T. Groth: Wirksam führen mit Systemtheorie. Eine Buchrezension.

Carl Auer: 2023. 188 Seiten.

Ein weiters Buch zum Thema „Führen“, ist das wirklich nötig und zielführend? Gibt es nicht schon Dutzende Ratgeber zum Thema Führungsverhalten oder zu Persönlichkeitsmerkmalen von erfolgreichen Führungskräften? Das bestimmt, aber Torsten Groth und Timm Richter wählen einen anderen Ansatz.

Inspiriert durch die Systemtheorie Niklas Luhmanns beschreiben sie Führung in Organisationen anhand verschiedener Unterscheidungen.

  • Führung als Funktion der Organisation und Führung als Prozess, bestehend aus Überprüfen – Entscheiden – Umsetzen (Folgen).
  • Führung der eigenen Person in der Rolle als Spieler*in im Führungsprozess.
  • Führung im Zusammenspiel mit dem jeweiligen Team unter Einbeziehung der Themen Einfluss, Macht, Hierarchie sowie Verantwortung und Verantwortlichkeit.
  • Organisationsführung als Führung zweiter Ordnung, die an den Entscheidungsprämissen der Organisation arbeitet, die Funktionalität von Paradoxien erkennt und den gekonnten Umgang damit pflegt und die Veränderung der Organisation angemessen gestaltet.

Jedes Kapitel ist übersichtlich aufgebaut, theoretisch anspruchsvoll, aber verständlich formuliert und immer mit entsprechenden (Luhmann-) Zitaten und praktischen Beispielen versehen.

Am Ende eines jeden Kapitels sind jeweils einige Gebote formuliert, die sehr anregend für die Führungspraxis sind und trotzdem keine billigen Rezepte darstellen.

Es ist den Autoren gelungen, eine Lücke in der Führungsliteratur zu schließen. Ein Buch vorzulegen, das anwendungsstark ist und Führungskräften ein systemtheoretisches Organisationsverständnis vermittelt. Das Buch enthält so (fast) alles, was kluge Führungskräfte zum Thema wissen sollten. Gleichzeitig ist es eine Einladung, gestärkt durch die erworbenen „Beobachtungsfolien“ im eigenen Führungshandeln zu experimentieren und sich dabei selbst zu beobachten.

Es bietet auch einen erfrischend pragmatischen Blick auf die gängigen Vorstellungen (Missverständnisse) von Führungskräften als „Purpose-Missionare“ oder der Idee, Kulturveränderungen durch Leitbildentwicklungen zu verordnen. Für Systemtheoretiker*innen und -praktiker*innen nicht neu, aber trotzdem fein: Führung vollzieht sich nur, wenn auch gefolgt wird. Und das unterliegt eben auch autopoietischen Prozessen.

Erfreulich aus SIFB-Sicht: das Buch bestärkt uns in dem, was wir unseren Kund*innen zum Thema Führung vermitteln und wir werden es in unseren Kursen als Lektüre empfehlen!

Von uns gibt es eine eindeutige Leseempfehlung auch für bereits systemtheoretisch Vorgebildete: so kompakt bekommt Ihr die Auffrischung vermutlich nirgendwo anders.

 

Hartmut Epple